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Sagen
Dr. Theo Bönemann

Die Sage kennt eine Mathilde, die Gemahlin eines Ritters Eberhard von Klusenstein, der in Kreuzzügen als Gefangener der Sarazenen schmachtet, während sein Feind, der schwarze Benno, die Nachricht von seinem Tode verbreitet und um sein Weib wirbt. Sie aber entflieht dem Gehaßten(,) und dieser nimmt ihre Burg in Besitz, bis Ritter Eberhard heimkehrt, die Feste erstürmt und in heißem Kampfe auf dem Burghofe den Räuber überwältigt und über die Ringmauer tief unten in den Abgrund schleudert. So lautet der erste veröffentlichte Text der Klusensteinsage, die Stoff bot für weitere ausgeschmückte Versionen.

Sagen ähnlichen Inhaltes lassen sich anderenorts und früher nachweisen. Vielleicht mag die damalige Bevölkerung auch des Hönnetales aus der häufigen Abwesenheit der Kreuz- und Ordensritter ihre abenteuerlichen Vorstellungen entwickelt haben, die den Ausgangsstoff einer der romantischen Sagen aus dem Hönnetal boten:


Eine Sage von Graf Eberhard

Zur Zeit, als noch der hohe Bergfried von Klusenstein über die Zinnen und Türmchen der Burg weit in die Ferne schaute, wohnte auf dem alten Rittersitze Graf Eberhard. Wälder und Felder ringsumher waren sein Eigentum. Gräfin Mathilde, die ihm einst nach siegreichem Turniere den Dank gereicht, teilte mit ihm das stille Glück, das unter seinem Dache wohnte.
Da rief der greise Kaiser Barbarossa seine Getreuen zum Kampfe gegen die Sarazenen auf. Auch Eberhard nahm das Kreuz, um Blut und Leben dem Dienste Gottes zu weihen. –
Bald nach dem Tode seines kaiserlichen Führers geriet unser Ritter in die Gefangenschaft der Ungläubigen. Monde und Jahre entflohen, ohne daß die Gräfin ein Lebenszeichen von ihrem Gatten erhielt.
Ritter Bruno, ein Ränkeschmied, der vor Jahren vergebens um Mathildens Hand gebeten hatte, hoffte im stillen, daß sein Rivale im Morgenlande den Tod gefunden habe und sann auf Mittel, das Herz und die Güter der Gräfin zu gewinnen.
Da trat ihm eines Tages Henke, ein Diener Eberhards, unter die Augen. Der Diener aber war auf der Fahrt zum Heiligen Lande wegen Untreue von seinem Herrn entlassen. "Woher kommst du?" fragte der Ritter Bruno. "Vom Hellespont, Herr Ritter, wo mich der Graf zurückließ, weil ich am Fieber erkrankte." "Du standest zwar selten treu zur Wahrheit, Henke, aber wenn du gehorchen und schweigen kannst, so will ich dich aufnehmen und dir Brot geben dein Leben lang." Er verabredete dann mit dem treulosen Knechte im geheimen, wie sie es anfangen wollten, um die Gräfin Mathilde in die Irre zu führen. Henke mußte sich monatelang bei einem Köhler verborgen halten. Diese Zeit benutzte Ritter Bruno, um Vorkehrungen für seine Pläne zu treffen. Er ließ von geschickter Hand ein Schwert anfertigen, das dem Schlachtschwerte Eberhards täuschend ähnlich sah. Ebenso mußte ihm der Goldschmied den Trauring Eberhards genau nachbilden.
Darauf zog er dem Henke andere Kleider an und schickte ihn mit Schwert und Ring zum Klusenstein. Dort sollte er den Auftrag ausrichten, Graf Eberhard habe im Morgenlande den Tod gefunden und sende diese Andenken seiner Gattin zurück.
Schon einige Zeit vor Henkes Ankunft auf Klusenstein erhielt Gräfin Mathilde von ihrem Jäger die Nachricht, er habe im Walde jenseits der Ruhr den Henke gesehen, es sei ganz gewiß, und er lasse sich das von niemand ausreden.
Eben saß die bekümmerte Gräfin mit ihren beiden Sprossen am Kamin und gedachte in Liebe und Treue des fernen Gatten, als man den Diener Henke zu ihr führte. Wie sie seine Worte vernahm und das prächtige Schlachtschwert erblickte, ergriff sie der Schrecken, und sie war nahe daran, umzusinken. Das Ahnenschwert des Grafen kannte sie genau, und sie hatte es ihm um die Schulter gehängt, als er zum heiligen Kampfe zog. Doch griff sie zuerst nach dem Ringe, drückte ihn unter Tränen an die Brust und küßte ihn. Dann trat sie zitternd ans Fenster, die Echtheit des Ringes zu prüfen.
Am Waldessaume zu Bäingsen (unfern Klusenstein) stand zu jener Zeit eine schmucke Waldkapelle, deren Turm bis auf unsere Tage Sturm und Wetter getrotzt hat. Dieses Kirchlein hatte Eberhards Vater erbauen lassen und es zu seiner letzten Ruhestätte bestimmt. Dem jungen Paar war der Ort besonders heilig. Vor dem Gotteshause, wo unter alten Linden ein hohes Kreuzbild Gottes stand, hatten sie sich ewige Treue versprochen und drinnen am Altare später feierlich den Bund fürs Leben geschlossen. Graf Eberhard hatte daher auf die Innenseite der Trauringe ein Kreuz mit einem Lindenzweig einschneiden lassen. Die Gräfin suchte nach diesem Erkennungszeichen, ohne es zu finden. Der Schwertgriff Eberhards war mit einem Stern feuerroter Opale besetzt. Soweit sich die Gräfin erinnerte, hatte in dieser Verzierung stets ein Steinchen gefehlt. An Henkes Schwert war diese Lücke nicht zu finden. Die Gräfin schöpfte Verdacht und sprach: "Ich danke Euch für Eure Mühe, aber der Graf lebt, und ich werde ihn wiedersehen." Und die Harfe am Lehnstuhl tönte wie von Geisterhand berührt plötzlich hell und laut, und der Hänfling im Bauer sang sein frohes Lied. - Als aber Henke die Burg verließ, rief ihm der Papagei des Torwächters nach: "Raus, raus, Spitzbube, raus!" Ritter Bruno aber ließ von dieser Zeit an kein Mittel unversucht, um die Neigung der schönen Gräfin zu gewinnen. Doch Mathilde stand fest im Gottvertrauen und treuer Liebe. Als der Ritter sich in seiner Hoffnung getäuscht sah, brach er mit  Kriegsknechten und Söldnern auf, um durch Gewalt das zu erzwingen, was List und Lüge nicht erreicht hatten. Der Türmer von Klusenstein verkündete das Nahen des Feindes. Da äußerte die Gräfin den Wunsch, das Schloß zu verlassen. Von Klusenstein führte zu der Zeit ein geheimer unterirdischer Gang nach Bredenol. Von treuen Dienern begleitet, verließ Mathilde mit ihren Kindern auf diesem Wege das Schloß und entfloh zu ihrer Schwester, die an der Lippe wohnte. Nachdem es Bruno mit vieler Mühe gelungen war, die Feste zu stürmen, erwählte er sie zu seinem dauernden Wohnsitze. Er kümmerte sich wenig um das Unrecht, das er der Gräfin und ihren Kindern zugefügt hatte. – Unter den Kriegsknechten Eberhards befand sich der treue Hartwig. Schon einmal hatte er dem Grafen das Leben gerettet. Bei der Stadt Akkon aber wurde er in einem heftigen Kampfe von ihm getrennt. Alle Nachforschungen nach seinem Herrn blieben erfolglos. Wie nun unter den Anführern des Kreuzzuges Uneinigkeit entstand und das deutsche Heer bald darauf heimkehrte, beschloß Hartwig, das Heilige Land nicht eher zu verlassen, bis er über das Schicksal Eberhards sichere Auskunft erhalten habe. Als fahrender Spielmann verkleidet, zog er von Ort zu Ort und fand den Grafen endlich in der Gefangenschaft eines Seldschuckenfürsten. Hartwigs Klugheit und Ausdauer machte seinen Leiden ein Ende und verschaffte ihm die langersehnte Freiheit. Nun kehrte Eberhard mit dem treuen Diener in die Heimat zurück. So sehr sich der Graf freute, nach den unzähligen Leiden und Entbehrungen endlich wieder mit Weib und Kind vereint zu sein, so sehr erregte ihn auch der Frevel Brunos. Von Freunden und Verwandten unterstützt, zog er bald gegen den frechen Räuber zu Felde und nahm nach siegreichem Kampfe das Erbe seiner Väter wieder in Besitz. Ritter Bruno aber wurde von den erzürnten Kriegsknechten Eberhards ergriffen und über die Ringmauer der Burg in den Abgrund geschleudert.


Freiligrath Schückings, Das malerische und romantische Westfphalen, I. Aufl. S. 220
Glunz, Friedrich, Heimatblätter der Roten Erde, Heft 1, Münster 1919

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